Begriffsklärung
Jeder Mann kommt gelegentlich schneller, als er es möchte. Zum Problem wird der vorzeitige Samenerguss, wenn er selber oder seine Partnerin unter dem kurzen Liebesspiel leiden. Wissenschaftlich nennt sich der frühe Samenerguss »Ejaculatio praecox«, das kommt aus dem lateinischen und bedeutet »frühzeitiges Auswerfen«. Andere Bezeichnungen sind »Verfrühter Orgasmus«, »Vorzeitige Ejakulation« oder einfach nur »Zu schnell kommen«.
Gleich vorweg: Genau genommen ist das »schnelle kommen« keine Krankheit, wenn keine organischen Gründe für einen verfrühten Orgasmus vorliegen. Gerade junge Männer sind oft so heiß, dass sie nach kürzester Zeit explodieren. Biologisch gesehen macht das auch Sinn, weil ein ausgedehnter Koitus wilden Tieren Zeit gibt, die mit dem Akt beschäftigte Beute zu schlagen. Für den eigentlichen Zweck des Beischlafes, dem der Fortpflanzung nämlich, ist eine schnelle Begattung kein Hindernis.
Dennoch wünschen sich viele Paare eine längere Standzeit des Mannes, weil Frauen in der Regel länger brauchen, um einen Orgasmus zu bekommen. Dieser Artikel soll allen körperlich gesunden Männern helfen, ihr Liebesleben zu optimieren. Dazu gibt es viele Wege, die zum Teil auch zusammen mit der Partnerin beschritten werden können.
Ursachen
Neben zahlreichen körperlichen Faktoren, die von einem Arzt abgeklärt werden sollten, ist eine seelische und körperliche Veranlagung zum vorzeitigen Orgasmus der Grund für das frühe Ejakulieren.
Bei der Diagnose wird zwischen dem lebenslangem (primären) und der erworbenen Form (sekundären) unterschieden. Bei der primären Form, also wenn die Sexualstörung seit Beginn der sexuellen Aktivität besteht, wird ein Fehler im Hormonsystem vermutet. Bei der sekundären Form, also wenn die vorzeitige Ejakulation sich aus einem normalen Sexualverhalten heraus entwickelt hat, sind Krankheiten die Ursache.
Wie schon angedeutet haben bei vielen Männern solche Störungen eine ganz normale Ursache. Eine neue Partnerin, längere Zeit der Abstinenz oder außerordentliche sexuelle Reize können eine vorzeitige Ejakulation auslösen. Das ist völlig normal und gibt keinen Grund zur Sorge. Viele Männer, die nur gelegentlich Sex haben, kommen regelmäßig zu früh.
Dabei ist dieses »zu früh kommen« oft auch nur ein gefühlter Wert. Die durchschnittliche Zeit gesunder Männer vom Eindringen in die Scheide bis zum Orgasmus beträgt etwas mehr als fünf Minuten. Wurde längere Zeit auf sexuelle Betätigung verzichtet, werden auch bei sonst unauffälligen Männern deutlich kürzere Zeiten gemessen. Das gilt auch für ungewöhnliche erotische Reize oder die Wahl einer anderen Stellung als sonst üblich.
Dazu kommen Stress und Probleme in der Partnerschaft, die sich negativ auf das Liebesleben niederschlagen. Manche Männer kommen gar nicht mehr zum Höhepunkt, andere reagieren mit vorzeitigem Erguss. Beides verstärkt den Konflikt und als Folge wird die Störung chronisch.
Oft hilft bereits ein klärendes Gespräch mit der Partnerin. Entgegen der weitverbreiteten Meinung vieler Männer gibt es Frauen, die einen kurzen Akt aus verschiedenen Gründen bevorzugen und froh sind, wenn sie schnell begattet werden. Die oft gerühmte Standhaftigkeit kann tatsächlich ebenso zur Belastung werden, wie ein vorschneller Erguss.
Ausgewachsene Einschränkungen machen sich sogar bei der Onanie bemerkbar. Kommt ein Mann regelmäßig bei der Selbstbefriedigung gegen seinen Willen zu schnell, ist das ein Hinweis darauf, dass eine solche Störung vorliegt. Ist hingegen der Verlauf der Spannungskurve bei der Masturbation normal, dann sind wahrscheinlich andere Faktoren für den vorzeitigen Samenerguss während des Beischlafes verantwortlich.
Methoden zur Verlängerung
Angenommen, die Beziehung ist tragfähig, vertrauensvoll und der Koitus findet regelmäßig statt. Dazu handelt es sich um die lebenslange Form der Störung, organische Probleme sind also weitgehend ausgeschlossen. Bis auf dem verfrühten Orgasmus, den er nicht unterbinden kann, fühlt sich der Mann gesund. In diesem Fall kann durch gezielte Maßnahmen das Problem wirkungsvoll angegangen werden.
Sexuelle Entlastung
Gerade junge Männer sind dazu aufgefordert, einige Zeit vor dem geplanten Beischlaf zu onanieren. Das baut Spannung ab und hilft, den Orgasmus beim Sexualverkehr länger hinauszuzögern. Eine gute Zeit für die Masturbation ist eine halbe Stunde bis eine Stunde vor dem Sex.
Ist die Partnerin mit dem Problem vertraut, kann diese helfen, den ersten Druck zu mindern und so mit dazu beitragen, dass die folgende Vereinigung für beide Partner befriedigend wird. Der Mann findet sicher Gelegenheit, sich bei seiner Partnerin für den »Extraorgasmus« angemessen zu bedanken.
Beckenbodentraining
Diese Technik stärkt die Muskulatur und sorgt mit dafür, dass auch die Erektionsfähigkeit des Penis gestärkt wird. Sie wurde von dem amerikanischen Urologen Arnold H. Kegel entwickelt, um verschiedene Unterleibskrankheiten zu lindern oder zu heilen. Wegen der zahlreichen positiven Nebenwirkungen ist dieses Training das Mittel der ersten Wahl, ehe Medikamente oder spezielle Techniken angewendet werden. Die Übungen sind sehr einfach und es reicht völlig aus, sie zwei Mal täglich durchzuführen. Dabei sind zwei Variationen möglich.
Die erste Version konzentriert sich auf den Schließmuskel. Dazu wird dieser so angespannt, als ob man seinen Stuhlgang zurückhalten wollte. Nach einigen Sekunden der Anspannung wird der Muskel wieder entspannt und die Übung wiederholt. Dies wird in den ersten Wochen zwanzig Mal hintereinander gemacht, danach vierzig Mal. Es ist darauf zu achten, dass wirklich nur der Schließmuskel angespannt wird, Bauch- und Beinmuskulatur bleiben locker.
Bei der zweiten Variation wird der Muskel angespannt, der es erlaubt, den Wasserstrahl beim Urinieren zu unterbrechen bzw. die letzten Tropfen aus dem Harnleiter herauszupressen. Ansonsten ist die Vorgehensweise wie bei der ersten Variation.
Beide Übungen sollen nicht beim Toilettengang angewendet werden, sondern sind lediglich als Muskeltraining gedacht. Schon bald stellen sich die ersten Erfolge ein. Die Erektion wird gestärkt und der Samenerguss wird kontrollierbar. Meist reicht dieses einfache Training schon aus, um die Störung zu beseitigen. Männer berichten regelmäßig über ein rasch verbessertes Liebesleben, das sie dem Beckenbodentraining zuschreiben.
Squeeze – Technik
Anders als oft berichtet wird dieses Training nicht allein während des Beischlafes ausgeführt. Es ist eine Technik, die der Mann – eventuell zusammen mit seiner Partnerin – beim Petting oder bei der Masturbation ausführt.
Sobald der Mann spürt, dass sich der Orgasmus nähert, wird die Reizung unterbrochen und der Penis zwischen Daumen und Zeigefinger unterhalb der Eichel für kurze Zeit, ca. 15 Sekunden, sanft gequetscht. Dadurch wird bei den meisten Männern das Lustempfinden stark reduziert, sogar die Erektion kann nachlassen. Ist die Lust gewichen, wird mit der Stimulation erneut begonnen.
Der Mann lernt durch die Übung, seine Lust zu kontrollieren und seinen Samenerguss zu steuern. Das Training sollte etwa 20 Minuten lang dauern und mit einem Orgasmus beendet werden. Idealerweise hilft die Partnerin dem Mann, sowohl beim Training als auch beim abschließenden Orgasmus.
Der Beischlaf des Paares sollte anfangs vorwiegend in der Reiterstellung durchgeführt werden. Das heißt, der Mann liegt auf dem Rücken und die Frau sitzt auf dem Penis. So kann sie besser steuern, ob das Glied durch Beckenbewegungen gereizt wird oder nicht. Das kann dem Mann helfen, seinen Orgasmus zu kontrollieren.
Start – Stop – Technik
Dieses Verfahren ist für die meisten Männer geeigneter als die Squeeze – Technik. Das Lernziel ist auch hier die bessere Wahrnehmung und Steuerung des eigenen Erregungszustandes. Anders als bei der Squeeze – Technik übt der Mann hier stets alleine. Er stimuliert sich selbst bis kurz vor dem »Point of no Return«, der kritischen Schwelle, und bricht die Stimulation dann ab. Nachdem der Ejakulationsdruck gänzlich abgeklungen ist, beginnt er mit der Reizung erneut. Dieses Spiel führt er über einen Zeitraum von 15 Minuten fort, ehe er sich dann erleichtert.
Kann der Mann diese Technik bei sich selbst sicher anwenden, wird in einem zweiten Schritt die Partnerin integriert. Diese achtet beim Verkehr mit darauf, dass der Mann nicht zu stark gereizt wird und er Zeit findet, seine Erregung wieder abklingen zu lassen. Bei einem vertrauensvollen Umgang miteinander kann es auch bei dieser Methode schnell zu einer dauerhaften Verbesserung des Liebeslebens kommen.
Medikamente, die helfen können
Wenn mit den oben genannten Techniken keine Besserung herbeigeführt werden kann, helfen Arzneimittel. Diese sollten aber in der Regel durch einen Arzt verschrieben werden bzw. nicht ohne ärztlichen Rat angewendet werden. Medikamente gelten als Mittel der letzten Wahl und sollten nur eingesetzt werden, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Die meisten Mittel betäuben den Penis lokal und zögern so den Samenerguss heraus. Von großem Nachteil ist, dass die Lust stark nachlässt und der Akt weniger Freude bereitet. Auch die Geschlechtsteile der Frau werden dabei betäubt und darum empfindet auch sie weniger Lust. Alternativ können Kondome eingesetzt werden, die innen mit betäubenden Substanzen beschichtet sind, so ist die Frau in ihrem Empfinden nicht beeinträchtigt. Gänge Mittel für eine lokale Betäubung sind Lidocain, Prilocain und Benzocain.
Eigens für die Behandlung von vorzeitigem Samenerguss wurde das Medikament Priligy mit dem Wirkstoff Dapoxetin entwickelt. Es hemmt die Wiederaufnahme von Serotonin und ist verschreibungspflichtig. Ein bis drei Stunden vor dem Sex eingenommen verlängert es die Zeit bis zur Ejakulation deutlich.
Darüber hinaus können Alphablocker, Betablocker oder Psychopharmaka verabreicht werden. Diese sind zwar nicht für die Behandlung zugelassen, werden aber dennoch gelegentlich verschrieben. Den vorzeitigen Samenerguss heilen kann keines der derzeit erhältlichen Medikamente. Nach dem Absetzen kehren die Schwierigkeiten regelmäßig zurück.
Arztgespräch
Viele Männer, die unter Ejaculatio praecox leiden, scheuen den Weg zum Arzt. Es ist ihnen peinlich, darüber zu reden. Lediglich 10 Prozent der Betroffenen wagen den Weg zum Mediziner, die anderen leiden lieber weiter, als sich einem Fachmann anzuvertrauen. Dabei gibt es zahlreiche Ärzte, die sich speziell haben schulen lassen, um dieses prekäre Männerproblem zu lösen. Neben dem Hausarzt, der in der Regel mit dem Problem vertraut ist, sind dies Urologen oder spezielle Sexualmediziner.
Um den Gesprächseinstieg beim Arzt zu schaffen, benennt der betroffene Mann das Problem am besten direkt. Typische Aussagen sind zum Beispiel:
»Meine Partnerin beschwert sich, beim Sex geht es ihr zu schnell.«
»Ich habe beim Sex ein Problem, ich komme viel zu früh.«
»Meine Potenz ist in Ordnung, aber ich möchte gerne länger durchhalten.«
Der Arzt wird daraufhin weitere Informationen haben wollen. Typisch wären Fragen in dieser Art:
»Seit wann haben Sie das Problem? Wie steht ihre Partnerin dazu?«
»Geht es immer oder fast immer zu schnell?«
»Kommt der Samenerguss zu früh oder bleibt die Erektion nicht lange genug bestehen?«
Schlussgedanken
Am Ende dieses Beitrages soll allen Männern mit diesem Problem Mut gemacht werden, weil der vorschnelle Samenerguss meist therapierbar ist. Zahlreiche Methoden und Medikament können helfen, den vorschnellen Orgasmus hinauszuzögern.
Führen die angesprochenen Übungen – insbesondere das Beckenbodentraining – nicht zum Erfolg, sollte der betroffene Mann einen Arzt aufsuchen und mögliche organische Ursachen ausschließen lassen. Dazu reicht meist ein Besuch beim vertrauten Hausarzt aus. Wenn dieser keine körperliche Störung findet, wird er ortsansässige Kollegen benennen, die in dieser Sache erfahren sind und nach weiterer Diagnose helfen können.